Die Integration neuer Mitarbeiter in den Kundenservice ist eine ständige Herausforderung, insbesondere in einer Branche mit hohen Fluktuationsraten wie bei der Telekommunikation. Generative künstliche Intelligenz (GenAI) bietet jedoch eine vielversprechende Lösung, um das Onboarding von Mitarbeiter im Kundenservice (Frontline Service Employees FSE) zu unterstützen. In einem aktuellen Forschungsbeitrag mit dem Titel „Augmenting Frontline Service Employee Onboarding via Hybrid Intelligence: Examining the Effects of Different Degrees of Human-GenAI Interaction“ untersuchten wir, wie Mensch und KI in hybriden Intelligenzsystemen zusammenarbeiten können, um die Effizienz und Zufriedenheit der Mitarbeiter zu verbessern.
Die Herausforderung im Onboarding von FSEs
Hohe Arbeitsbelastungen und der Druck, komplexe Probleme zu lösen, führen oft zu einem frühen Jobwechsel im Kundenservice. Neue Mitarbeiter müssen schnell in ihre Rolle hineinwachsen und werden schon bald nach einer kurzen Schulung mit anspruchsvollen Kundenanfragen konfrontiert. Hier stößt das traditionelle Training an seine Grenzen. In der Regel müssen Mitarbeiter komplexe Anfragen an erfahrenere Kollegen weitergeben oder langwierig nach Lösungen suchen, was Zeit und Ressourcen kostet.
Hybrid Intelligence: Eine Lösung mit Potenzial
Das Konzept der hybriden Intelligenz vereint die Fähigkeiten von Menschen und KI. In der Studie wurde ein sogenannter „Co-Agent“ entwickelt – ein auf GenAI basierender, conversationaler Agent, der den FSE in Echtzeit unterstützt. Zwei Varianten des Co-Agenten wurden getestet: Ein „Supporter“, der einfache Empfehlungen gibt, und ein „Collaborator“, mit dem die Mitarbeiter aktiv über KI-generierte Lösungen interagieren können.
Ergebnisse des Experiments
Die Untersuchung zeigte interessante Ergebnisse: Je schwieriger die gestellten Aufgaben, desto mehr interagierten die Mitarbeiter mit der KI, insbesondere in der „Collaborator“-Variante. Trotz erhöhter Interaktion und größerem Zeitaufwand berichteten die Mitarbeiter über eine geringere wahrgenommene Arbeitsbelastung. Diese paradoxe Wirkung könnte auf die kognitive Entlastung durch die KI zurückzuführen sein. Die KI nahm den Mitarbeitern die Last ab, alle Probleme selbstständig lösen zu müssen, und bot gleichzeitig qualitativ hochwertige Lösungsansätze.
Implikationen für die Praxis
Die Studie verdeutlicht, wie der Einsatz von GenAI die Arbeitsbedingungen im Kundenservice verbessern kann. Durch die Reduzierung der Arbeitslast und die Unterstützung in Echtzeit könnten Unternehmen langfristig die Fluktuationsrate senken. Mitarbeiter fühlen sich weniger gestresst und bleiben länger im Unternehmen. Das Forschungsteam empfiehlt daher, den Einsatz solcher Co-Agenten zu erweitern und weiter zu optimieren.
Fazit des Forschungsbeitrages
Die Forschung liefert wertvolle Erkenntnisse darüber, wie GenAI im Kundenservice eingesetzt werden kann, um neue Mitarbeiter während der kritischen Onboarding-Phase zu entlasten. Hybride Intelligenzsysteme wie der Co-Agent haben das Potenzial, nicht nur die Effizienz zu steigern, sondern auch das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu fördern. Ein optimales Design solcher Systeme könnte in Zukunft einen großen Unterschied in der Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit im Kundenservice machen.
Link zur Publikation:
Reinhard, P.; Neis, N.; Kolb, L.; Wischer, D.; Li, M. M., Winkelmann, A.; Teuteberg, F.; Lechner, U.; Leimeister, J. M. (2024). Augmenting Frontline Service Employee Onboarding via Hybrid Intelligence: Examining the Effects of Different Degrees of Human-GenAI Interaction. In 19th International Conference on Design Science Research in Information Systems and Technology (DESRIST). Trollhättan, Sweden
https://doi.org/10.1007/978-3-031-61175-9_26