Psychologie & Hyperautomatisierung – Rückblick auf die 50. Jährliche Konferenz Psychologie und Gehirn (PuG) 2025 in Würzburg

 

Vom 18. bis 21. Juni 2025 fand an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg die 50. Jahrestagung der Konferenz Psychologie und Gehirn (PuG) statt und wurde von Prof. Hewig und PD. Dr. Rodrigues unter Beteiligung von Dr. André Forster zusammen mit dem Lehrstuhl für Psychologie I und Psychologie V ausgerichtet. Die Tagung brachte führende Köpfe aus der biopsychologischen und neuropsychologischen Forschung zusammen – und stellte zugleich eine Plattform für interdisziplinäre Brücken zur Technologie dar. Für das EFRE-Projekt Hyperautomation Ökosystem war die Konferenz ein idealer Ort, um psychologische Forschung mit Fragen moderner Automatisierung zu verknüpfen.

Das Team der Universität Würzburg war mit mehreren Beiträgen vertreten. Diese liefern wertvolle Impulse für die Entwicklung menschenzentrierter, kognitiv adaptiver und emotional intelligenter Automatisierungslösungen in Unternehmen. Korbinian Riepl präsentierte einen Posterbeitrag, wie sich depressive Tendenzen in der frühen Gesichtserkennung widerspiegeln. Für automatisierte Systeme – etwa KI-gestützte HR-Plattformen oder Assistenzsysteme – bedeutet das: Wenn Systeme Emotionen oder Stressreaktionen erfassen sollen, müssen sie auch verzerrte Wahrnehmungsmuster erkennen und adaptiv reagieren können. Katrin Reich und Dr. Marko Paelecke präsentierten Arbeiten zur Psychopathie und moralischen Vorstellungen und entsprechenden Veränderungen von Entscheidungen. Dies bedeutet für die Automatisierung die Anpassung von Entscheidungsmatrizen an die zu erwartenden Nutzer. Dr. André Forster hielt einen Vortrag zur subjektiven Wahrnehmung und Zuordnung der Gründe einer Leistung in einer Aufgabe zu der eigenen Fähigkeit oder zur wahrgenommenen Aufgabenschwierigkeit. Im Bezug auf Automatisierung beschreibt dies die psychologische Relevanz der Mündigkeit der Handelnden und unterstreicht die Bedeutung von Selbstwirksamkeit auch im Arbeitskontext, die durch Automatisierung nicht gemindert werden sollte. Dr. Johannes Rodrigues hielt einen Vortrag über die Bedeutung von kognitiver Kontrolle und kognitiver Anstrengung in der Entscheidungsfindung. Im Kontext der Hyperautomation brachten diese Daten einen Einblick in die Bedeutung der Belastung von Personen bezüglich Denkprozessen und das Entscheidungen davon beeinflusst sein können. Dies gilt es bei der Entlastung der Personen zu berücksichtigen, denn Entscheidungen könnten dann deutlich anders sein als zuvor, was sowohl positive als auch negative Konsequenzen mit sich bringen könnte. Ein weiterer Vortrag unter Beteiligung von Prof. Dr. Hewig und Dr. Rodrigues befassten sich mit der Bedeutung von vertrauenswürdigem Aussehen im Bezug auf Gesichtsformen auf Vertrauensentscheidungen und deren neuronale Verarbeitung. Im Hyperautomationskontext kann dieses Wissen z.B. zur Erstellung von virtuellen Avataren genutzt werden, um das Vertrauen in die Automatisierung zu erhöhen. Weitere Beiträge an denen Prof. Hewig und Dr. Rodrigues beteiligt waren befassten sich mit dem Einfluss des Menstruationszirkels auf die Wahrnehmung und neuronale Verarbeitung sowie Unterschiede zwischen Menschen in der Aufwendung von Anstrengung bei Denkprozessen. Diese Themen bilden Kontextvariablen, die bei der Umsetzung der Automatisierung berücksichtigt werden sollten und Interaktionen mit automatischen Systemen sollten entsprechende an aktuelle Gegebenheiten der BenutzerInnen angepasst werden, um größtmögliche Akzeptanz und Eindeutigkeit in der Kommunikation an der Schnittstelle von Mensch und Maschine zu ermöglichen.

Fazit: Psychologie als Wegbereiterin intelligenter Automatisierung

Die PuG 2025 hat eindrucksvoll gezeigt: Automatisierung ist nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine psychologische. Die vorgestellten Studien liefern sowohl neurokognitive Grundlagen für adaptive Systeme als auch psychophysiologische Parameter für gesundes Arbeiten und Modelle für faire, nachvollziehbare automatisierte Entscheidungen unter Berücksichtigung individueller Persönlichkeitsstrukturen und aktueller Gegebenheiten.

Das Projekt Hyperautomation Ökosystem an der Universität Würzburg verfolgt genau diesen Ansatz: Wissenschaftlich fundierte, menschenzentrierte und zugleich hocheffiziente Automatisierung für die Praxis von morgen.

Hyperautomation in der Neurowissenschaft: Eingeladener Vortrag im Hanse-Wissenschaftskolleg Delmenhorst

Im Rahmen eines Workshops bezüglich der Verlässlichkeit und Wiederholbarkeit der Erforschung von psychologischen und neurowissenschaftlich messbaren Unterschieden von Prozessen innerhalb und zwischen verschiedenen Menschen wurde Dr. Johannes Rodrigues eingeladen am 24.06.2025 in Delmenhorst einen Vortrag über die Automatisierung der Auswertung von psychophysiologischen Daten vorzustellen. Dabei wurde vor allem verschiedene Möglichkeiten der Automatisierung in der Signalverarbeitung der Hirnstrommessung (Elektroenzephalogramm) miteinander verglichen, sowie die Notwendigkeit diese Automatisierungen trotz der enormen Erleichterung des Arbeitsablaufes zu kontrollieren und eine informierte Entscheidung zu treffen welche Automatisierung gewählt werden kann für welche Art von Daten. Anwesende internationale Experten konnten in reger Diskussion genau dieses Kernthema mit dem Referenten erörtern. Dabei wurde die Bedeutung der mündigen Automatisierung, bei der die AnwenderInnen sich der lenkenden Funktion bewusst sind und auch psychologisch somit selbstwirksam gegebene Aufgaben mit Unterstützung der Automatisierung durchführen können, abermals betont. Diese Kernkompetenz der mündigen Automation in Kombination mit dem Vertrauen in die Automatisierung, findet sich auch im psychologischen Kern des EFRE-Projektes Hyperautomation Ökosystem, und konnte auch im Bereich der Verarbeitung von Hirnstromsignalen wieder von internationalen Experten bestätigt werden. Der erstellte Vergleich der Automatisierung der Signalverarbeitung von Hirnprozessen ist dabei als Beispiel zu sehen für weitere Anwendungsbeispiele im aktuellen Projekt.